Veröffentlichungsreihe von Ephraim Wegner
Für das Jahr 2024 sind mehrere Veröffentlichungen geplant. Unter der Prämisse, den nostalgischen Blick nach hinten zu wagen, wird der heutige Standpunkt zu dem jeweiligen Werk – in Form des Erinnerns – persönlich durch die Urheber und Interpreten reflektiert.
Die Idee entstand beim Durchstöbern alter Festplatten: Auffällig war, wie viele musikalische Arbeiten der vergangenen Jahre liegen geblieben sind. Die Gründe hierfür sind sicher mannigfaltig. So war man beispielsweise nicht zufrieden mit der Arbeit, die gewünschten Labels hatten ihren Katalog bereits geplant oder das Projekt zerrüttete sich, aufgrund der sich immer wieder verändernden Lebensrealitäten beteiligter Akteure.
Es geht darum, in den Zwischenräumen zu suchen und dem ein oder anderen Werk den Weg aus dem Archiv in die Öffentlichkeit zu ebnen. Und darüber hinaus die nach Vorne orientierten und auf Effizienz getakteten Produktionsbedingungen in Frage zu stellen.
2004 Way Back Machine: https://web.archive.org/web/20050208122002/http://www.anti-matter-plant.org:80/
Bisher erschienen:
- Release 01: HmpF – Verirrung im örtlichen Safe Space oder Space Cake
- Release 02: Klaus Wallmeier, Thomas Wenk – Auf Schlag / Im Steinbruch der Klangfindung
- Release 03: Christian Dierstein, Harald Kimmig – Crossing
- Release 04: Ralf Freudenberger, Uwe G. Hoenig, Ephraim Wegner – Excerpts
- Release 05: Daniel Bisig – Waaorst
- Release 06: Ephraim Wegner – Das Ende des Anfangs
- Release 07: Nicola L. Hein, Gunnar Geisse – Guitar Deconstructions
- Release 08: duo Contour – Retrospective (Works from 1999-2001)
- Release 09: Miguel Carvalhais und Pedro Tudela in Porto (2005-2009)
- Release 10: Daniel Fetzner, Adrian Schwartz, Ephraim Wegner – Terrestrial Field Studies III
- Release 11: Christoph Hillmann, Albrecht Maurer, Rainald Schückens, Toru Tenda – Waldbröl
Release 01 2004 – 2024
HmpF – Verirrung im örtlichen Safe Space oder Space Cake
http://www.anti-matter-plant.org/2024/01/hmpf-verirrung-im-ortlichen-safe-space-oder-space-cake/
Dieses ist das vierte Werk, welches HmpF (Heimwerker mit perfekten Fehlern) mittels eines analogen Vierspurgerätes produziert hat. Der Titel lautet „Verirrung im örtlichen Safe Space oder Space Cake“. Es ist der Versuch, Fieldrecordings, instrumentale Klänge und Klangmanipulationen so zu verschmelzen, dass auch der ästhetisch nicht saubere Klang seine Möglichkeit hat, zu leben und sich zu entfalten. Entstanden ist dieses Stück zwischen 2002 und 2004. In einer Zeit, in der selbst der Noise und der Glitch fein aufpoliert päsentiert werden, um dem Gehör des Konsumenten zu schmeicheln (wie z.B. in dem Album Goodbye 20th Century von Sonic Youth), verliert die Kreativität der Subkultur immer mehr an Qualität.
Release 02 2004 – 2024
Klaus Wallmeier, Thomas Wenk – Auf Schlag / Im Steinbruch der Klangfindung
http://www.anti-matter-plant.org/2024/02/im-steinbruch-der-klangfindung/
Zwei Suchende mit sehr unterschiedlichen Positionen treffen sich hier im offenen Raum – um im Moment alles zu geben und dann wieder eigene Wege zu gehen. Die Momentaufnahme eines ehrlichen Versuchs, ohne den Zwang eines festen Konzepts. Ohne die Fesseln eines Studios, ohne nachträglich aufpolierten Sound.
Verborgene Spitzen von Gesteinen
Geraschel, was nichts bedeutet
Ein Klavier, was sich gerade häutet
Verkürzt, zugespitzt, gemalt und geritzt
Ein Scheitern ohne Folgen – hier in Klang gesetzt.
Release 03 2004 – 2024
Christian Dierstein, Harald Kimmig – Crossing
http://www.anti-matter-plant.org/2024/03/crossing/
„In den ersten Jahren dieses Jahrtausends probten und arbeiteten Christian Dierstein und ich im selben Gebäude, dem inzwischen längst abgerissenen Haus von Möbel-Weber. In diesem Haus hatten nach der Abwicklung als Möbelhaus eine ganze Reihe von Musiker:innen und Künstler:innen ein Domizil gefunden. Die Komponisten Roland Breitenfeld und Messias Maiguashca, der Percussionist Olaf Tzschoppe, die Pianistin Akiko Okabe, der Bildende Künstler Jan Blass, das Ensemble Recherche und andere waren hier am Werk. Daneben gab es einen Postdienstleiser, eine Martial Arts Kampfschule – alles zusammen ein wahres Biotop, wie es jetzt in Freiburg kaum mehr zu finden ist.
Während zahlreicher zufälliger Treffen und Gespräche auf dem Hof entstand zwischen Christian und mir der Wunsch nach einer Kooperation, bei der wir die Improvisation aus verschiedenen Perspektiven betrachten wollten. […] Die hier vorliegenden Aufnahmen lagen nun 20 Jahre brach. Der Anregung von Ephraim Wegner, in den Archiven zu stöbern, ist es zu verdanken, dass ich auf diese CD gestossen bin […].“ Harald Kimmig, im März 2024
Release 04 2004 – 2024
Ralf Freudenberger, Uwe G. Hoenig, Ephraim Wegner – Excerpts
http://www.anti-matter-plant.org/2024/04/excerpts/
Die Musiker des Trios lernten sich um die Jahrtausendwende in Freiburg kennen. Damals gab es einige feste Veranstaltungsreihen, wie die “Elektrolounge” oder das “iPire”, aber vieles fand in wechselnden Formaten an verschiedenen Orten statt. Es gab den Plattenladen “Mono”, wo man sich nicht nur traf, um Musik zu kaufen, sondern wo es auch um ein soziales Netzwerk ging, und bei Radio Dreyeckland wurde Musik, die in der unmittelbaren Umgebung entstand, in der einen oder anderen Sendung öffentlich ausgestrahlt.
Irgendwie in diesem Kontext begegneten wir uns mehrfach, immer wieder gab es gemeinsame Abende, mal auf der Bühne oder auch im Publikum. So ergab es sich, dass wir begannen, gemeinsam zu musizieren. Die ersten Projekte, welche auf der aktuellen Anti-Matter-Plant-Seite dokumentiert sind, waren Auftritte mit Heribert Friedl oder Lawrence English, sowie eine Filmmusik zu den Richard-Wagner-Tagen im kommunalen Kino in Freiburg.
Release 05 2004 – 2024
Daniel Bisig – Waaorst
http://www.anti-matter-plant.org/2024/05/waaorst/
Das Stück “Waaorst” besteht aus Feldaufnahmen, die während des Jahreswechsels 1999/2000 auf einer Zugreise durch die damals von Schwerindustrie geprägte Grenzregion zwischen Tschechien, Polen und der Slowakei entstanden sind. Eine kleine Auswahl dieser Aufnahmen wurde bereits in stark verfremdeter Form für den Experimentalfilm “Ostrawa” verwendet.
Die Komposition von “Waaorst” bot die Gelegenheit, sich mit diesem Klangmaterial neu zu beschäftigen. Dank der grossen zeitlichen Distanz von mehr als 20 Jahren spielen bei dieser Beschäftigung die Erinnerungen an die Reise selbst eine untergeordnete Rolle. Stattdessen treten die klanglichen Eigenschaften der Aufnahmen verstärkt in den Fokus der musikalischen Aufmerksamkeit. Diese veränderte Perspektive wurde als Ausgangspunkt genommen, um die Reise in einer neuen Form zu erleben.
Release 06 2004 – 2024
Ephraim Wegner – Das Ende des Anfangs
http://www.anti-matter-plant.org/2024/06/das-ende-des-anfangs/
Das hier veröffentlichte Stück dreht sich um die vom Plattenspieler gedrehte Schallplatte, um die Zeit, die sich um die Musik dreht, um die Musik, die an der Zeit dreht, und um die Katze, die sich drehen lässt. Oder dreht sich die Welt um die Katze?
Die hier präsentierte Aufnahme entstand im Ensemble Alarm, unter der Leitung von Annette Rießner. Im Ensemble verfolgten wir die Idee, das Konzept der klassischen Konzertbühne zu erweitern. Hierzu zählten Konzerte auf dem Real-Supermarktparkplatz, die Zusammenarbeit mit einer Firma zur Entwicklung von Sensoren oder eine Party für den fiktiven Geburtstag einer weniger fiktiven Bekannten, die sich zu diesem Zeitpunkt mitten in einem ebensowenig fiktiven Philosophiestudium befand. Für letzteres brauchte es jemanden, der Schallplatten auflegte.
Release 07 2004 – 2024
Nicola L. Hein, Gunnar Geisse – Guitar Deconstructions
http://www.anti-matter-plant.org/2024/06/das-ende-des-anfangs/
Nicola L. Hein und Gunnar Geisse verbindet eine mehrjähirge künstlerische Freundschaft und Zusammenarbeit. Zudem spielte Nicola L. Hein im Freispiel, einer Veranstaltungsreihe des Vereins un-Sound im E-Werk Freiburg.
Die beiden Gitarristen beschäftigen sich auf vielfältige Art und Weise mit der Erweiterung und Re-perspektivierung des eigenen Instruments. Es geht mithin um die, mit Jacques Derrida gesprochene, Dekonstruktion der elektrischen Gitarre. Geisse spielt mit einem digitalen generativen System, welches das Signal seiner elektrischen Gitarre durch das Prizip der Emergenz erweitert und auf diese Weise – über das eigentliche Spiel hinaus – musikalische Strukturen erzeugt. Nicola L. Hein nutzt die elektrische Gitarre mit vielen Präparationen und Live-Elektronik. In Echtzeit lernt ein Machine Learning Model anhand seines Gitarrenspiels und interagiert auf musikalischer und kompositorischer Ebene. Gemeinsam lassen sie in der Verbindung ihrer dekonstruierten und kybernetisierten Gitarrenpraxen neue Musik im Moment der Performance entstehen.
Release 08 2004 – 2024
duo Contour – Retrospective (Works from 1999-2001)
http://www.anti-matter-plant.org/2024/08/retrospective/
duo Contour wurde 1998 von dem amerikanischen Schlagzeuger Lee Ferguson und dem englischen Trompeter Stephen Altoft gegründet, nachdem sie an den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik teilgenommen hatten, wo sie als Solisten und als Ensemble auftraten. In den 26 Jahren ihres Zusammenspiels hat das duo Contour mehr als sechzig Stücke bei Komponisten aus Europa, Asien, den USA, Kanada und Neuseeland in Auftrag gegeben und im Jahr 2000 Christian Wolffs Pulse in London uraufgeführt. Am Anfang gab es jedoch nur sehr wenig Repertoire für diese Kombination, und sie arbeiteten viel mit Improvisation.
Diese zweite Demo-CD aus den Jahren 2002/2003 ist ein Dokument der langjährigen Zusammenarbeit mit damals aufstrebenden Komponisten, die sich inzwischen international einen Namen gemacht haben.
Release 09 2004 – 2024
Miguel Carvalhais und Pedro Tudela in Porto (2005-2009)
http://www.anti-matter-plant.org/2024/09/30×1-3/
2005 schufen wir zusammen mit der österreichischen Künstlerin Lia eine audiovisuelle Installation für die filmische Kunstgalerie Solar in Vila do Conde, Portugal. Diese Arbeit bestand aus über hundert einminütigen audiovisuellen Clips, die in Gruppen organisiert und über Fernsehgeräte in den verschiedenen Räumen der Galerie in einer immersiven, halb zufälligen, räumlich-audiovisuellen Komposition projiziert oder präsentiert wurden. Im Jahr 2007 entwickelten wir das System weiter, um eine neue Version des Werks in der Casa da Música in Porto zu präsentieren. Aus dem nicht-linearen System der Installation schufen wir auch zwei lineare Videos: „30×1.01“, 2005, und ‚int.16/54//son01/30×1‘, 2006, die ebenfalls aus den ursprünglichen audiovisuellen Quellen der Installationen komponiert wurden.
Jede Komposition ist ein Rahmen, ein offener Prozess, der jederzeit wieder aufgenommen werden kann. Deshalb haben wir 2010, nachdem wir uns einige Jahre von diesem Material entfernt hatten, beschlossen, zu den Materialien zurückzukehren, die bei der Herstellung der Installationen verwendet wurden, und daraus drei neue Stücke zu komponieren.
Release 10 2004 – 2024
Daniel Fetzner, Adrian Schwartz, Ephraim Wegner – Terrestrial Field Studies III
http://www.anti-matter-plant.org/2024/10/terrestrial_field_studies_iii/
Als letzten Beitrag meinerseits möchte ich (Ephraim Wegner), in der Veröffentlichungsreihe 2004 – 2024, den Blick in Medienexploratorische Forschungsreisen richten, aus denen die Kurzfilme Terresitial Field Studies I – III entstanden sind. Das hier zu hörende Stück ist der vorerst letzte – in Bild und Ton gesetzte – Ausschnitt unserer gemeinsamen Explorationen. Zum konstanten Team gehören Daniel Fetzner, Martin Dornberg, Ephraim Wegner und unser ehemaliger Student und jetziger Mitarbeiter Adrian Schwartz.
Die erste Reise führte nach Indien, an das Institute of Science. Auf dieser Reise entstand die Filmreihe, oder genauer, die Idee Bewegtbild und Ton durch Klassifizierung abstrakt in Beziehung zu setzen. In der darauf folgenden Reise nach Ägypten wurde die Perspektive gedreht, statt wissenschaftlicher Lösungen, basierend auf geistes- und naturwissenschaftlichen Ansätzen, besuchten wir Menschen, die unmittelbar von der Wirksamkeit der modernen bzw. akuellen Gesellschaft betroffen, in dem zu Verfügung stehenden Wirkraum das Überleben meistern. Die hier zu hörende, dritte Filmmusikkomposition stammt aus dem Kloster in Dungu (Kongo). In einer nächtlichen Aufnahmesession näherten sich Adrian Schwartz und Ephram Wegner den visuellen und klanglichen Eigenschaften des Ortes.
Release 11 2004 – 2024
Christoph Hillmann, Albrecht Maurer, Rainald Schückens, Toru Tenda – Waldbröl
http://www.anti-matter-plant.org/2024/11/waldbroel/
„Bereits 2003 aufgenommen und 2024 wieder entdeckt. Diese Aufnahmen fand ich auf Anregung von Ephraim Wegner beim durchstöbern meiner Archive. Ich war fasziniert, jedoch gab es keine Informationen außer den Dateinamen “Tenda Maurer Schückens Hillmann”. So erinnerte ich mich schnell an die Konzerte, die im NEUE MUSIK SOMMER in Waldbröl stattfanden und begann zu recherchieren. Wir haben frei improvisiert, musizierten ohne jegliche Probe oder Absprache und hatten in dieser Besetzung nie vorher gespielt. Christoph Hillmann nutzte fast ausschließlich Live Elektronik und umhüllte uns mit komplexen interaktiven Klängen, die er mit Bewegungen seiner Hand im Raum steuern konnte. Toru Tenda, Rainald Schückens und ich fanden dazu diese wunderbaren akustischen Farben. Für mich haben diese 6 Tracks eine fantastische inner Ruhe und große poetische Kraft. Sie sind Zeitzeugnis einer offenen Begegnung von 4 unterschiedlich geprägten Musikern, die sich frei von Schubladen des musikalischen Geschäfts bewegt haben.“ Aufgenommen, Abgemischt und Produziert von Albrecht Maurer.